Die derzeitigen weltweiten Ereignisse, von denen die Medien täglich berichten – sie lassen schnell verzweifeln. Und so bin ich ständig auf der Suche nach hoffnungsvollen Geschichten.
Dies ist die Geschichte aus jener Rede, die Astrid Lindgren 1978 hielt, als sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennahm:
„Jenen, die jetzt so vernehmlich nach härterer Zucht und strafferen Zügeln rufen, möchte ich das erzählen, was mir einmal eine alte Dame berichtet hat. Sie war eine junge Mutter, als ihr kleiner Sohn etwas getan hatte, wofür er ihrer Meinung nach eine Tracht Prügel verdiente, die erste in seinem Leben. Sie trug ihm auf, in den Garten zu gehen und selber nach einem Stock zu suchen, den er ihr dann bringen sollte. Der kleine Junge ging und blieb lange fort. Schließlich kam er weinend zurück und sagte: ,Ich habe keinen Stock finden können, aber hier hast du einen Stein, den kannst du ja nach mir werfen’. Da aber fing auch die Mutter an zu weinen, denn plötzlich sah sie alles mit den Augen des Kindes. Das Kind musste gedacht haben, ,meine Mutter will mir wirklich weh tun, und das kann sie ja auch mit einem Stein’. Sie nahm ihren kleinen Sohn in die Arme. Dann legte sie den Stein auf ein Bord in der Küche, und dort blieb er liegen als ständige Mahnung an das Versprechen, das sie sich in dieser Stunde selber gegeben hatte: ,Niemals Gewalt!’“
Die Geschichte lässt mich erschauern – die Mutter tut gut daran, diesen Stein ins Regal zu legen und sich immer wieder daran zu erinnern.
Sie entwickelt aus dem Erlebnis mit ihrem Sohn eine Lebenseinstellung, und ich frage mich, woraus man schöpfen kann, um solch einem Versprechen treu zu bleiben.
Ich finde ansprechende Gedanken – wieder einmal – bei dem Theologen Fulbert Steffensky, er spricht vom Dank, ohne dass es moralisch klingt:
„Danken ist nicht ganz leicht, weil man den Grund des Dankens nicht immer und manchmal gar nicht am Leben selber ablesen kann. Danken ist eine Form des Glaubens. Im Dank liest man die Welt besser, als sie ist. Man liest die Schönheit in sie hinein. Im Dank liest man sich selber besser, als man ist. Man liest sich mit den Augen Gottes, der uns schon gemeint und geborgen hat im Schicksal jenes Christus. Das Danken zu lernen ist wichtiger als jede Moral. Die Moralen müssen eine Herkunft haben, sonst halten sie sich nicht lange. Ihre beste Mutter ist der Dank. Wer dankt, schlägt nicht. Wer dankt, benutzt nicht. Wer dankt, zerstört nicht.“
Pfarrerin Iris Kaufmann