Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
die Pandemie hinterlässt Spuren. Sie sind in den Generationen unterschiedlich spürbar. Für alle bringt es Belastungen mit sich. Verständnis ist nötig, denn „wir werden einander viel verzeihen müssen.“ Gedanken in der Wochenmitte von Pfarrer i.R. Martin Bergau.
Verzeihen
Man wird müde, heißt es, über die Pandemie zu reden, darüber nachzudenken. Bestimmungen lockern sich und setzen Wünsche nach noch mehr Freiheit in Gang. Eine Palette von Stellungnahmen, sehr kurzfristiger neuer Maßnahmen befördern ein Klima der Angespanntheit. In Deutschland kommt noch der Wahlkampf hinzu, mit sehr offenem Ausgang.
Dabei bleibt oft übersehen, was in kurzer Zeit durch Forschung und Entwicklung erreicht worden ist. Noch vor wenigen Monaten hat Europa um die Herstellung eines wirksamen Impfstoffs gebangt. Der Lockdown überschattete den Alltag und wirkte bis tief in die persönliche Sphäre für alle hinein.
Die Folgen etwa für die Kinder, denen die Gruppe, die Wahrnehmung in der Gruppe und im sozialen Gefüge der Gleichaltrigen essentiell für ihre Entwicklung ist, sind wohl erst in einiger Zeit zu ermessen, wenn überhaupt.
Nach Monaten der Angst ist viel Hoffnung eingekehrt. Die Wirtschaft zieht an. Doch wohl jede und jeder spürt am eigenen Leben, dass diese Zeit ihre Spuren hinterlässt, und sie ist ja noch gar nicht wirklich überwunden.
Es gab in der frühen Phase der Pandemie, als alle Länder Europas sich mit massiven Einschränkungen ihres Alltagslebens auseinandersetzen mussten, einen Satz, der in mir immer noch sehr nachklingt, schon als ich ihn zuerst las: „Wir werden einander verzeihen müssen.“ Gesagt hat ihn der Bundesgesundheitsminister Spahn.
Ja, es wird auch um das Verzeihen gehen, wenn die Pandemie tatsächlich einem gewohnten Leben gewichen sein sollte. Es ist gut, wenn im politischen Bereich dieser Gedanke mitschwingt und das eigene Handeln immer wieder hinterfragt. Auch das haben die vergangenen Monate gelehrt: Niemand will sich in falsche Sicherheiten wiegen lassen.
Und wenn ich an die Kinder, die Schülerinnen und Schüler, die Studierenden, denke, dann wird die Bereitschaft zur Anerkenntnis von Zumutungen auch für den Zusammenhalt der Generationen gelten: In dieser beschwerlichen Zeit ist es das Verständnis und die Unterstützung der Jüngeren durch die Älteren. Daran mitzuwirken, ist Aufgabe für die christliche Gemeinschaft in der Welt.