Die Tageslosung für heute ist sehr ausdrucksstark – ein gewaltiger Text: Siehe, ich, der HERR, bin der Gott allen Fleisches, sollte mir etwas unmöglich sein? (Jer 32,27) Und der dazugehörige Lehrtext ist nicht weniger wuchtig: Als die Jünger Jesus sahen, warfen sie sich nieder; einige aber zweifelten. Und Jesus trat zu ihnen und sprach: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. (Mt 28, 17-18)
Beide Texte sind eine Aufforderung, nicht zu verzagen im Auftrag, der den jeweiligen Personen gegeben ist.
Da ist zum einen der Prophet Jeremia – die Propheten sind unbequem, weil sie oft Wahrheiten sagen, die keiner hören will.
Und den Jüngern Jesu wird im Matthäuswort der Taufbefehl erteilt. Geht hin und macht zu Jüngern alle Welt.
Ja, das hätte ich doch mal gerne. Ein allmächtiger Gott, der so richtig aufräumt in dieser so durchgeknallten Welt, wie sie sich gerade wieder darstellt.
Dem nichts unmöglich ist. Dem alle Macht gegeben ist.
Und warum merke ich so wenig davon?
Im folgenden Text von Hanns Dieter Hüsch macht sich Gottes Allmacht breit. So kann man sie verstehen – sie wirkt in uns.
Segen für Versöhnung
Im übrigen meine ich, dass Gott uns alle schützen möge auf unserem langen Weg zur Versöhnung mit allen Menschen und mit allen Völkern.
Er möge uns bewahren und pflegen mit seiner allumfassenden Güte. Er möge uns heilen und alle Krankheit von uns nehmen. All unsere Wunden an Leib und Seele, die wir uns ständig antun, möge er mit seiner einzigartigen Kraft in Zeichen der Reife und Weisheit verwandeln.
Er möge von seiner Heiterkeit ein Quentchen in uns hineinpflanzen, auf dass sie bei uns wachse, blühe und gedeihe, und dass wir unseren Alltag leichter bestehen. Dass er uns bewahre vor jedem Hochmut und jeder Bitterkeit, und dass er uns fähig mache, weiterhin zu glauben an seine Welt, die nicht von unserer Welt ist, und dass wir nicht ersticken an allem Tand und eitlem Tun, darum bitten wir ihn von ganzen Herzen.
Er möge uns behüten vor aller Besserwisserei und uns beflügeln, Freiheit und Phantasie zu nutzen, um Feinde in Freunde zu verwandeln. Er lösche langsam in uns jedes Vorurteil, langsam, denn wir stecken bis über beide Ohren voll davon. Er schenke uns von seiner Vielfalt ein Stückchen Großmut.
Und wir bitten ihn, weiterhin unser Freund zu sein, der immer uns übrig bleibt, in aller Finsternis und Unvernunft, wenn wir schier an allem und an uns verzweifeln. Er sei mit uns, wenn wir unter den Verlierern sind, und gebe uns die Kraft zur Demut, die Kraft, am Ende aufzustehen für einen neuen Anfang.
Wer anders könnte uns zu neuem Lachen führen, zu neuer Hoffnung und Freude, immer wieder, nach tausenden von Jahren, als Gott der Herr, vor dessen Plan unsere Ideen kleine flüchtige Eintagsskizzen bleiben, vor dessen Zeit unser Leben ein winziger Atemhauch ist, vor dessen Musik unsere Melodien und Akkorde bloßes Geklingel und Getue sind, vor dessen Sprache unsere Worte jeweils nur Versuche von Anfängen sein können.
Darum bitten wir ihn um seinen Trost, um seine Hilfe, um seinen Verstand und um seine Gnade und um seinen Willen, dass alle sich mit allen versöhnen. Dass der Hass die Welt verlasse und die Liebe in allen wohne, um uns von Gottes Zukunft zu erzählen.
Pfarrerin Iris Kaufmann