Am vergangenen Freitag hat die Seemannsmission in Piräus ihren 50. Geburtstag gefeiert. Dabei kamen viele schöne Erinnerungen an die Arbeit zur Sprache. Wie vielen Menschen ist in diesem halben Jahrhundert geholfen worden! Mit wie viel Engagement waren die Mitarbeitenden über so viele Jahre tätig!
Als ich dann den Wochenspruch dieser Woche las, wurde ich an die Arbeit mit den Seeleuten erinnert. Sie zeigt, wie das Wort des Propheten Micha gelebt werden kann:
„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6,8)
Denn das wollte, das will die Seemannsmission:
„Gottes Wort halten“: Das Wort Gottes ernstnehmen. Denn es stärkt, eröffnet neue Perspektiven, es zeigt uns unseren Lebensauftrag und lässt uns aufatmen, wenn der Druck zu groß wird. Konkret wird das bei der Taufe Jesu: „Das ist mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Freude.“ – das hört Jesus bei seiner Taufe als stärkende Worte Gottes vom Himmel. Und als wir getauft wurden, blickte Gott auch auf uns und ließ uns spüren: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter. An Dir habe ich Freude.“ Das sollen alle Menschen erfahren und die Seemannsmission lebt das. Sie geht zu den Menschen in ihrem Alltag und bietet Hilfe an. Ganz konkret. Ganz praktisch. Ganz liebevoll. So hält sie Gottes Wort, das uns zu den Menschen sendet – egal woher sie kommen.
„Liebe üben“: Was brauchen Menschen für ihren Lebensweg? Zuwendung! Wahrgenommen werden! Unterstützung, wenn es Konflikte gibt! Die Seemannsmission geht auf die Schiffe, spricht mit den Menschen, die sich häufig nur als kleines Rädchen in dem großen Betrieb der Schifffahrtswelt fühlen. Die von ihren Familien getrennt sind, mit ihren Träumen oft allein gelassen. Diese Menschen erleben, wie Menschen zu ihnen kommen, zuhören und helfen. Oder die an Land für einen Laden sorgen, in dem man sich mit dem versorgen kann, was das Leben leichter macht. Sie spüren: Ich bin nicht nur eine Zahl auf der Liste der Mitarbeitenden, ich bin ein Mensch, von Gott liebevoll gesehen.
„Demütig sein vor deinem Gott.“ Das ist wohl eine der ganz besonderen Erfahrungen auf dem Meer. Die Weite der Horizonte, der nächtliche Sternenhimmel, die Kraft der Elemente. Wie klein sind wir! Wie begrenzt unsere Möglichkeiten. Und wie wichtig ist zugleich jeder Mensch, von Gott gesehen und gewürdigt. „Demut ist die Fähigkeit, auch zu den kleinsten Dingen des Lebens emporzusehen.“ So sagt es Albert Schweitzer und trifft damit den Kern der Einladung zur Demut. Luther schreibt: „Demut – das ist die feinste, lieblichste Tugend der Liebe“. Sie ist die Voraussetzung der Arbeit der Seemannsmission, gibt sie doch dieser Erfahrung in jeder Begegnung mit den Seeleuten Raum.
50 Jahre Seemannsmission in Piräus – 50 Jahre Erfahrungen mit dem Halten von Gottes Wort, mit der Liebe und mit der Demut.
Was für eine schöne Einladung an uns alle!
Pastor Kurt Riecke