Wünsche
„In den Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat …“ Das sind die Worte aus dem Märchen „Der Froschkönig“. Mit ihm beginnt die Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Generationen sind damit groß geworden, auch ich. Und alle haben sich von den wundersamen Märchen ergreifen lassen. In der kindlichen Phantasie schließlich war man jederzeit davon überzeugt, dass das Wünschen helfen könne. Und die Märchen bezeugten es, und so nahmen kindliche Wunschwelten sie mit in das Reich der Phantasie, staunten darüber, was alles möglich sein könnte.
Noch heute können Viele der Älteren die Märchen der Gebrüder Grimm nacherzählen, so sind sie im Gedächtnis gespeichert.
„…als das Wünschen noch geholfen hat“: In Griechenland gibt es eine schöne und sehr breite Kultur, einander gute Wünsche auf den Weg zu geben. Nicht nur die Tageszeiten werden unterteilt in eigene Zeitabschnitte, die dann mit einem Wunsch für Gutes versehen werden. Oder auch der Wochenanfang, der Beginn eines neuen Monats und viele andere, und das ist die Botschaft:
Ich wünsche Dir Gutes. Möge der Tag gut gelingen. Finde Ruhe in der Mittagszeit. Hab es gut mit dir selbst. Und wenn es ans Schlafen geht, so findet sich auch dafür ein eigener guter Wunsch.
Ganz in meiner Nähe, an einer Ecke, ist eine kleine Bäckerei. Die Lage ist nicht optimal, in einer Nebenstraße, quer zu den Hauptwegen, mit den vielen Geschäften, Autos, Bushaltestellen. Kundschaft drängelt sich dort nicht. Ich liebe diese Bäckerei. Sie hat nämlich sehr differenzierte Brotsorten, helle, dunklere und auch Schwarzbrot. Genau das Richtige für mich.
Die Verkäuferin kennt mich inzwischen. Bevor ich die Bäckerei betrete, überlege ich, welcher Wunsch diesmal beim Gehen passt, damit ich ihn dann auch bei meinem ausbaufähigen Griechisch parat habe. Jedes Mal huscht ein Lächeln über ihr Gesicht, ein Aufmerken in der Geschäftigkeit, und neulich sagte sie: „Bravo!“
So erlebe ich es auch bei anderer Gelegenheit. Gute Wünsche weitergeben macht das Leben für diesen Moment heller, wie ein schöner Klang, ein Aufmerken, ein Leuchten für den Moment.
Da kann ich nur sagen: Das sind Zeiten, in denen das Wünschen tatsächlich hilft, nämlich den Alltag freundlich zu machen, in dieser kleinen Geste der Aufmerksamkeit. Man könnte nun auch sagen, naja, das sei doch ein wenig oberflächlich, sowas Automatisches gewissermaßen. Ich schließe mich dem nicht an.
Wer anderen Gutes wünscht, achtet diesen Menschen, sein Gegenüber. Und in den so unterschiedlichen ausgesprochenen Wünschen schwingt mit, dass im Guten Segen liegen möge. Und an dem ist alles gelegen, unser Tun und auch unser Lassen.
Pfarrer Martin Bergau