Heute ist Buß – und Bettag.
Dieses alte Wort „Buße“ – es klingt da einiges mit, was bei mir Unbehagen auslöst.
In manchen Bibeltexten werden die Menschen aufgefordert, Buße zu tun, um der Strafe Gottes zu entgehen. So wie in der heutigen Tageslosung:
Joel 2,13: Der Herr ist gnädig, barmherzig, geduldig und von großer Güte, und es reut ihn bald die Strafe.
Auch im neutestamentlichen Lehrtext dazu klingt so etwas an. Da geht es um den Feigenbaum, der keine Frucht bringt. Der Weingärtner bittet den Weingartenbesitzer noch ein Jahr zu warten, damit er um ihn herum graben kann und ihn düngen kann, und wenn er dann immer noch keine Frucht bringt, kann der Besitzer ihn abhauen.
In heutiger Zeit wird der Sinn des Tages dann auch freundlicher erklärt: Sich besinnen, innehalten, sich seiner Fehler bewusst werden und diese bereuen und nicht mehr tun.
Und die Strafe Gottes, die in früherer Vorstellung die Folge unserer Fehler war, kann man natürlich auch so auslegen:
Nämlich, dass falsches Handeln oft unangenehme Folgen hat. Manchmal sogar sehr schwerwiegende Folgen, und die könnte man als Strafe empfinden.
Ganz ohne das Bild eines strafenden Gottes zu bemühen.
Unsere Gefühlslage in Anbetracht des derzeitigen Zustandes der Welt ist sehr ambivalent.
Wir haben doch das Gefühl, dass wir so viele Fehler gemacht haben und machen – von Reue keine Spur oder von „es nicht mehr tun“ oder gar „umkehren“.
Die junge Generation klagt an.
Und in diesem Gefühl der Ohnmacht und des Resignierens bin ich auf ein interessantes Interview in der „Zeit online“ vom 19.11. gestoßen:
A. Steiner, Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, erklärt dort, wie Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Energie- oder Finanzmarkt umgebaut haben.
Und er nennt ein Beispiel nach dem anderen:
♦ Der junge König des Himalayastaates Bhutan, Jigme Singye Wangchuck verbindet moderne Wirtschaft mit der traditionellen Kultur und misst das mit einem nationalen Glückindex (Schutz der Natur oder Wohlbefinden der Menschen).
♦ Kenia hat nicht, wie gefordert, neue Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke gebaut und kann sich deshalb jetzt selbst zu 90 Prozent aus Geothermie, Wasserkraft, Wind- und Solaranlagen mit Strom versorgen.
♦ Uruguay hat eine neue Staatsanleihe entwickelt, bei der die Zinssätze umso mehr sinken, desto besser Uruguay seine Klimaschutzziele erreicht.
♦ Ecuador hat bei einer Volksabstimmung Ölbohrungen im Nationalpark abgelehnt.
♦ Und in Brasilien soll der Staat keine Umweltzerstörung mehr fördern, sondern stattdessen die ökologische Transformation vorantreiben.
Er nennt noch anderes.
Warum ich das erzähle?
Für mich ein Hoffnungsstrahl, nicht alles schwarz zu malen.
Ja, vielleicht wie eine Art Besinnung, Umkehr, die alten Fehler nicht zu wiederholen und Neues zu wagen.
Ach ja, der Tag heute heißt nicht nur Bußtag, sondern auch Bettag.
Das ist ja eigentlich eine unserer ureigensten „Aufgaben“ als Christen.
Und wie sagt Luther so schön?
Christen, die beten, sind wie Säulen, die das Dach der Welt tragen.
Pfarrerin Iris Kaufmann