Der Januar neigt sich dem Ende zu und somit auch unsere Themenreihe in diesem Monat. In drei Gottesdiensten und in einem Filmabend haben wir uns dem Thema „Zuhause“ auf ganz unterschiedliche Weise genährt. Und am vergangenen Sonntag ging es um Menschen, denen ihr Zuhause und alles, was damit zusammenhängt, gewaltvoll genommen wurde. Denn auch anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar wurden in dem Gottesdienst Auszüge aus der Biografie einer Jüdin aus Ungarn vorgelesen. Éva Fahidi-Pusztai wurde gemeinsam mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert und kam später ins hessische Stadtallendorf, wo sie schwere Zwangsarbeit verrichten musste. Kennengelernt habe ich ihre Lebensgeschichte in der kleinen Stadt, in Stadtallendorf, wo ich mein Vikariat gemacht habe. Dort gibt es heute ein Informations- und Dokumentationszentrum, das über die Zwangsarbeit, über die Menschen, die diese Zwangsarbeit verrichten mussten, berichtet. Eine große Rolle spielt somit die Geschichte von displaced persons. Folglich Menschen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg gezwungenermaßen außerhalb ihres Heimatlandes aufhielten und denen es nicht möglich war, alleine zurückzukehren und deren Zuhause in vielen Fällen nicht mehr existierte. Und so steht Éva Fahidi-Pusztais Schicksal für viele Schicksale nach dem Zweiten Weltkrieg. In zwei Büchern (Lieben und geliebt werden. Mein Leben nach Auschwitz-Birkenau 2021 und Die Seele der Dinge. Erinnerungen einer Überlebenden. Erweiterte Auflage 2022) berichtet sie ausführlich von ihrem Leben und schildert die Grausamkeiten, die ihr Zuhause genommen haben und eben all das, was damit zusammenhängt. Sie schreibt:
„Denn es geht schon lange nicht mehr nur um das, was vor sechzig, siebzig Jahren passiert ist. Damals trug der Tod in Europa deutsche Wehrmachtsstiefel, und ganz Europa war erfüllt von Angst. Wenn die Angst unserer Familie, die Angst ungarischer Juden, Nichtjuden, Sinti und Roma und aller Verfolgten zusammengeflossen wäre, wäre die Welt darin versunken. […] Die Gefahr besteht, dass sich aufgrund mangelnder Erfahrungen alles wiederholt, so wie wir es heute in verschiedenen Teilen der Welt beobachten.“
Unsere Themenreihe werden wir am kommenden Samstag um 18 Uhr mit einem Gemeindeabend im Gemeindesaal abschließen. An diesem Abend wird es um den eigenen Blick auf das Thema „Zuhause“ gehen.
Katharina Bährle, Pfarrerin im Auslandsvikariat
