Ostern – das Fest, das Grenzen überschreitet
In diesem Jahr haben die östlichen und westlichen Kirchen das Osterfest an demselben Sonntag gefeiert. Was für ein schönes Zeichen der Verbundenheit zwischen allen Konfessionen – auch wenn es für manche Mitglieder der Evangelischen Gemeinde bedeutete, dass sie sich zwischen den Gottesdiensten in der orthodoxen und evangelischen Kirche entscheiden mussten. Ostern ist so wichtig für den Glauben. Das Fest lässt uns mit seinen bewegenden Ritualen spüren, dass die Zuwendung Gottes nicht durch unsere persönlichen Ängste, Bedrohungen oder Verletzungen eingeschränkt ist.
Die EKD-Ratsvorsitzende und Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs hat das so beschrieben:
„Ostern ist ein Freudenfest – mit Hoffnungstrotz. Kraftvoll und widerständig zeigt sich die Liebe zum Leben, trotz allem. Und so ist Ostern ein bewährtes Heilmittel gegen all die schlechten Nachrichten, mit denen wir Tag für Tag konfrontiert sind – denn es ermöglicht, mit unbeirrbarer Hoffnung auf diese Welt mit ihren bitteren Realitäten zu schauen. Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern das Leben. Die Liebe. Die Aufrichtigkeit.
Es gibt viel Schmerz in der Welt – und die Osterfreude über das unfassbar schöne Lebensgeschenk weiß darum. Sie weiß genau um die Tiefen des Schmerzes und des Todes. Gerade deshalb kann sie Menschen aufrichten. Neu aufs Leben schauen lassen. Weil sie etwas von der Trauer versteht – aus ihr heraus wächst neuer Lebensmut. Der Osterblick verharrt nicht in der Verzweiflung, sondern sieht die Schönheit der Schöpfung, sieht auf die unverlierbare Würde jedes Menschen, sieht auf Hände, die gereicht werden und nicht zu Fäusten geballt.
Also: Habt keine Angst vor dem Leben – so könnte man die Osterbotschaft auch übersetzen. Sondern lasst uns die Kraft der Hoffnung miteinander teilen. Teilen wir die guten Nachrichten – Geschichten vom gelingenden, guten Leben, die Kraft geben. Das brauchen wir jetzt in unserem Land. Den Blick der Hoffnung auf diese Welt, die sich ändern kann und ändern muss. Hoffnung, die nicht zuletzt stirbt, sondern zuallererst lebt.“
Denn diese Osterhoffnung verbindet uns als Christen in den verschiedenen Kirchen, den orthodoxen, evangelischen, katholischen und den Frei-Kirchen. Jede Konfession trägt besondere geistliche Erfahrungen in die weltweite Kirche ein. Welch ein Reichtum ist es, wenn wir die Schätze der so vielfältigen religiösen Formen für uns erleben können. Der Theologe Fulbert Steffensky war im Alter von 36 Jahren vom Katholizismus zum Protestantismus konvertiert. Im späteren Rückblick auf sein Leben beschreibt er die Erfahrungen, die er dann gemacht hat, so: „Eines will ich nicht mehr entbehren: zweisprachig zu sein. Ich finde es schön, nicht mehr definiert zu sein durch die Sprache und durch die Tradition nur einer Konfession. Ich habe noch einen zweiten Blickwinkel. Zwar heißt das, dass ich weniger Heimat habe, als wenn ich nur in einer Sprache und Tradition geblieben wäre. Aber ich bin auch weniger gefangen in dem Haus, in dem ich gerade lebe.“
So ermöglichen die Beheimatungen z.B. in der griechisch-orthodoxen und der evangelischen Kirche neue Erfahrungen, die tiefer in das Geheimnis Gottes hineinführen. Indem wir in aller Vielfalt und Neugier „die Kraft der Hoffnung miteinander teilen“, wächst die Freude an der Ostererfahrung und die Liebe zum Leben zeigt sich stärkend und widerständig – mit Hoffnungstrotz!
Und das wünschen wir in diesen Tagen besonders unseren katholischen Freundinnen und Freunden angesichts des Todes von Papst Franziskus und des früheren Hamburger Erzbischofs Werner Thissen. In der Trauer und im Beileid, in der Auferstehungshoffnung sind wir verbunden!
Pfarrer Kurt Riecke