GESPRÄCHSPERLEN
„… Und ich wünsche Ihnen einen schönen dritten Advent.“ So endete unser Kurzgespräch, draußen vor der Tür. So dachte ich jedenfalls, als ich ihr mit diesen Worten zunickte.
Gelegentlich treffe ich die Nachbarin, sie hat schräg gegenüber von mir ihren Balkon, und manchmal halten wir, insbesondere im Sommer, einen kleinen Plausch von Balkon zu Balkon.
Oder so wie neulich an der Haustür. Ich mag diese einfachen Gespräche, man nennt sie etwas abwertend small talk, aber sie sind schön und wertvoll. Sie regulieren auf ihre Weise, dass man zusammen lebt und den Alltag teilt.
Für manche Menschen sind solche kurzen Begegnungen sogar der einzige Tageskontakt. Man sollte die Bedeutung solcher Kurzgespräche nicht unterschätzen.
Ich war gerade dabei, mein Fahrrad aufzuschließen und in die City zu radeln, da ich das Gespräch als abgeschlossen erachtete.
Diesmal war es nicht so.
„Mit Advent kann ich in diesem Jahr nicht viel anfangen. Geht es Ihnen denn anders?“ Mit dieser Bemerkung hatte ich nun gar nicht gerechnet. Wir kamen ins Gespräch.
„Vor wenigen Monaten ist meine beste Freundin gestorben. Wir haben uns immer vor Weihnachten getroffen, der vierte Advent war fest im Kalender.“ Und dann fügte sie, stiller, hinzu: „Ich werde mich umstellen müssen.“
Freundschaften in der Kindheit sind kostbar. Im Ältersein vielleicht noch kostbarer. Kein Fest wie das kommende Weihnachtsfest mit der Geburt des Gottessohns weist uns darauf, dass wir Menschen sind und Menschen brauchen.
Manchmal sind es die Begegnungen, die wie kleine Gesprächsperlen ihre ganz eigene Bedeutung und ihr Gewicht erhalten.
Wir haben noch über ihre lange Freundschaft gesprochen, über Loslassen müssen auch und traurig sein, eigentlich nur wenige Minuten. Eine Gesprächsperle eben.
Und dann ist jeder von uns wieder dem Tagesgeschäft nachgegangen, aber für diesen kleinen Moment war ein Aufatmen da.
Das allein tat gut.
Pfarrer.i.R. Martin Bergau aus Hannover