Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
das heutige Lesezeichen von Pastor Peter Oßenkop widmet sich diesmal dem 23. Psalm, der vielen Menschen wie ein Gedicht ans Herz gewachsen ist.
Der 23. Psalm: ein Gedicht
In diese Woche gehört nach der Ordnung des Kirchenjahrs der 23. Psalm: das Gebet der Bibel, das uns Gott in dem Bild des guten Hirten nahe bringt. Viele haben den Psalm in der poetischen Übersetzung von Martin Luther auswendig gelernt. Er ist nicht bloß ein biblischer Text, sondern ein Gedicht, wahrscheinlich bekannter und vertrauter als z. B. die Gedichte von Goethe.
„Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir.
Dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“
Psalm 23 ist ein Wort, das Vertrauen schafft. Es stellt unser Leben in einen großen Zusammenhang, in dem wir uns geborgen wissen. Es sind Worte der Dankbarkeit und der Sehnsucht: Ja, Gott, ich danke dir für das, was du mir in meinem Leben geschenkt hast; und auch wenn das Leben jetzt, in der Gegenwart, für mich eine schwere Last ist, auch wenn Krieg ist und ich voller Sorge in die Zukunft blicke, auch wenn ich eine Krankheit zu tragen habe – ich darf gewiss sein, dass das nicht alles ist, nicht das Ende. Ich nehme meine Kraft aus der Zusage, dass Gutes und Barmherzigkeit auf mich warten.
Häufig habe ich den Psalm am Bett eines Menschen gesprochen, dessen Sterben näher rückt. In solch einer Situation muss man nicht alles neu erfinden. Es kann hilfreich sein, sich Worte aus dem Überlieferungsschatz der Religionen zu leihen und sich hineinnehmen zu lassen in alte Worte, die früheren Generationen etwas bedeutet haben: das Vaterunser oder eben den 23. Psalm; oder ich singe eine bekannte Liedstrophe. Nicht selten fängt der Kranke an, die Lippen zu bewegen und spricht einzelne Worte mit, vielleicht nur das Amen am Schluss.
In Anlehnung an den 23. Psalm hat ein geistlicher Schriftsteller der Gegenwart, der Schweizer Pierre Stutz, die Grunderfahrung des Glaubens beschrieben:
„Du Gott
bist der Grund meiner Hoffnung
du lebst als tiefes Geheimnis in mir
Kommen auch Tage der Zweifel
der Ungewißheit
wo vieles wie eine große Lebenslüge erscheint
so versuche ich vertrauensvoll
zu Grunde zu gehen
Weil
du mich durch diese Verunsicherung
zur Quelle des Lebens führen wirst
So wird mir nichts mehr fehlen
und ich finde neue Geborgenheit in dir“