Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
im heutigen Lesezeichen geht es um die Gedanken von Pfr. i. R. Martin Bergau aus Hannover zum Wochenspruch dieser Woche, der ihn an eine Begegnung in Athen erinnert.
„Das war erquickend“
Da habe ich nur noch gestaunt: Es ist eine Weile her, da saß ich bei einem kleinen Fest in Athen neben einem Geflüchteten. Es gab Kaffee und Kuchen. Die Schwarzwälder Torte auf dem Tisch schmolz rasch dahin, sie war köstlich.
Der Mann war jung, schon einige Zeit auf der Flucht und besaß offenbar ein Talent für Sprachen. Jedenfalls sprach er ein gut verständliches Deutsch. Plötzlich sagte er, fast nebenbei: „Das war erquickend.“ Und er zeigte auf den Kuchenteller mit dem zweiten Stück.
Woher dieses Wort, das bei uns nur noch sehr selten fällt? Allein der Klang dieses scheinbar altertümliche Wortes gab die gute Stimmung der Runde um die Torte und deren Geschmack bestens wider.
Wieder einmal habe ich gespürt, welch großartige Talente, Fertigkeiten, Phantasien und Träume bei geflüchteten Menschen auf ihrem Weg ganz lebendig sind. Bei ihm also das Sprachtalent.
An diese Begegnung mit dem jungen Mann habe ich gedacht, als ich den Wochenspruch für diese Woche las:
„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11,28)
Jesus sagt es, gefragt, wer er sei und was es mit ihm auf sich habe. Johannes der Täufer wandte sich an ihn, nur wenige Abschnitte zuvor heißt es in Jesu Worten: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt.“ (Matthäus 11,5)
Es ist dieser große Hoffnungsbogen, der über Jesu Wirken gespannt ist, der uns zu lehren vermag, zu einem Glauben in angefochtener Zeit.
Was ist aus dem jungen Mann geworden? Ich weiß nicht viel. Er ist nicht mehr in Athen. Seine Reise ging weiter. Immerhin unterstützt ihn ein Familienmitglied im neuen Land. Es ist so Vieles offen.
Ich habe im griechischen Text nachgeblättert und nach dem Wort für das schöne „erquicken“ gesucht. Die Wortbedeutung geht in eine etwas andere Richtung, und neuere Übersetzungen haben dem Rechnung getragen: „Ich will euch Ruhe schenken“ heißt es etwa in der Basis Bibel.
Gemeint ist, dass in Christus eine Kraft liegt, von ihm eine Ruhe ausgeht, ein Vertrauen und ein Zutrauen.
Erneut habe ich an den jungen Mann gedacht und seinen unter Schmunzeln mitgeteilten Satz von der Torte, deren Geschmack erquickend sei.
Jetzt denke ich an ihn, mit dem Wunsch, dass er in seinem Leben zu einer Art Ruhe komme, einem Ankommen, das ihm nach vielen Jahren der Flucht einen Ort gibt, an dem er sein Leben neu anpacken, einen Beruf wählen kann und Freunde findet, die das Leben bereichern. Sein Sprachtalent wird ihm bestimmt sehr nützlich geworden sein.