Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
hier kommt das neue Lesezeichen, geschrieben von Pastor Oßenkop. Darin klingen einige Gedanken nach, die kürzlich bei einem Gesprächsabend in der Gemeinde im Raum standen: „Was kommt danach?“
Ein Stück von Gott
„Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm“ (1.Joh.4,16) – dieses Wort wird gern als Trauspruch gewählt.
Aber das erste Mal, als ich über dieses Bibelwort eine Predigt gehalten habe, war nicht bei einer Trauung, sondern bei einer Beerdigung. Es war die erste Trauerfeier, die ich als unerfahrener Anfänger zu leiten hatte. Ein Säugling war sechs Wochen nach der Geburt an einem Herzfehler gestorben. Was kann man da sagen?
Ich konnte damals gegen dieses schlimme Ereignis nur die Aussage setzen: Gott ist Liebe. Trotz allem. Ein Wort gegen alle gegenwärtige Erfahrung. Ein Wort, das nichts erklärt, das aber einer Hoffnung Ausdruck gibt. Ein Wort, das vorausschaut in eine unbeweisbare, aber geglaubte Zukunft.
Wir „bleiben“ in der Liebe. Das Wesen der Liebe ist ja, dass wir über unser Ego, über unseren kleinen Radius hinausschauen und nach den Sternen greifen, dass wir über unsern Radius hinaushoffen und uns nach einem Frieden sehnen, der „höher ist als alle Vernunft“ (Paulus im Philipperbrief 4,8).
Der Monat November ist im Jahreskreislauf die Zeit des Totengedenkens. „Was kommt danach?“ war neulich das Thema eines Gemeindeabends. Ein schöner Impuls zum Thema fand sich bei Dietrich Bonhoeffer. Der berühmte Theologe, der von den Nazis in einem Konzentrationslager ermordet wurde, berichtet in einem Brief von den Erlebnissen, die er als junger Vikar macht.
Er erzählt, wie ein zehnjähriger Junge zu ihm kommt. Der Junge weint, weil sein Schäferhund gestorben ist, der „Herr Wolf“, wie er ihn nennt: „Sagen Sie mir doch jetzt, werde ich den Herrn Wolf mal wiedersehen? Der ist doch ganz gewiss im Himmel!“
Bonhoeffer fasst sich ein Herz und antwortet dem Jungen: „Sieh mal, Gott hat den Menschen gemacht und auch die Tiere, und hat die Tiere gewiss auch lieb; und ich glaube, es ist bei Gott so, dass sich alles, was sich lieb gehabt hat auf der Erde, wirklich lieb gehabt hat, dass das bei Gott auch zusammen bleibt, denn liebhaben ist ein Stück von Gott; wie das geschieht, das wissen wir freilich nicht.“
Der Junge ist überglücklich: „Dann sehe ich also den Herrn Wolf wieder, wenn ich auch tot bin; dann können wir wieder spielen.“ Bonhoeffer schreibt abschließend: „Ich sagte ihm noch ein paarmal, wie das zuginge, das wüssten wir nicht. Er aber wusste es.“
Wir wissen es nicht, aber wir glauben: Die Liebe hört niemals auf (1. Korintherbrief 13,8).