„Der Herr ist auferstanden!“ – „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ So haben wir uns in den Ostergottesdiensten sowohl auf dem Philopappou als auch in unserer Christuskirche begrüßt. Seit den frühen Zeiten der Kirche erinnern sich Christinnen und Christen am Ostersonntag mit diesen beiden Sätzen an die Auferstehung Jesu. Welch eine wichtige Erinnerung. Das Kreuz behält nicht das letzte Wort. Gottes Licht leuchtet neu auf.
Wir haben als Evangelische Gemeinde das Osterfest nach dem westlichen Kalender am letzten Sonntag gefeiert. Unsere orthodoxen Geschwister begehen es erst am kommenden Sonntag. In dieser Karwoche gedenken sie mit täglichen Andachten des Todes Jesu.
Das ergibt eine merkwürdige Spannung, in der wir stehen. Einerseits haben wir die Osterfreude schon gefeiert, andererseits achten wir die Karwoche, die die Orthodoxe Kirche in diesen Tagen begeht. Die Gefühle, die sich damit verbinden, sind uns aus der vergangenen Woche noch vertraut.
Der christliche Liedermacher Clemens Bittlinger kann uns in dieser Situation mit einem Gedicht helfen, in dem es unter anderem heißt:
„Wund
Wunder
Auferstehung“
Damit baut er eine Brücke zwischen den beiden Erfahrungen. Wir haben für uns schon die Kraft der Auferstehung erfahren, aber die Wunden, die durch die Erinnerungen an frühere Verletzungen entstanden sind, sind noch spürbar – auch wenn sie heilen.
So können wir unsere orthodoxen Geschwister in ihrer Karwoche begleiten und zugleich die Osterfahrung genießen.
Mascha Kaléko hat sie so eindrücklich unter der Überschrift „Sonne“ beschrieben:
Ich tat die Augen auf und sah das Helle,
mein Leid verklang, ein gehauchtes Wort. –
Ein Meer von Licht drang flutend in die Zelle,
das trug wie eine Welle mich hinfort.
Und Licht ergoss sich über jede Stelle,
durchwachte Sorgen gingen leis zur Ruh. –
Ich tat die Augen auf und sah das Helle,
nun schließe ich sie so bald nicht wieder zu.
(Mascha Kaléko)
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen nach den „7 Wochen ohne“ nun „7 Wochen mit“ der Osterfreude und Begeisterung für das Leben – von uns und allen Geschöpfen dieser Welt.
Kurt Riecke – pfarrer.athen@gmail.com