Es ist Sommerzeit
Wenn in diesen Wochen kein Gottesdienst in der Kirche stattfindet, schicken wir Ihnen einen Sommerimpuls. Dieser erreicht Sie zu jedem Sonntagmorgen als ein Gruß aus der Gemeinde. Der Impuls ist individuell gestaltet, verbunden mit einem biblischen Wort, Gebet, einem Bild und persönlichen Gedanken dazu. Vorbereitet wird er von einer Gruppe aus der Gemeinde und in Absprache mit Pfarrer i.R. Martin Bergau.
Sommerimpuls zum 11. Sonntag nach Trinitatis
Wochenpsalm: Psalm 145
Blick auf das Münster vom Schlossberg
Gemälde von C.G.Enslen, 1839
Als ich ein Bremer Kind war, hörte ich mit Ehrfurcht, wie meine Lehrerin vom Freiburger Münster erzählte und konnte mir nicht vorstellen, dass ich dieses Wunderwerk jemals sehen würde. Doch später lebte ich einige Jahre in dieser erträumten Stadt, und während ich mich nun mit dem145.Psalm beschäftige, stehen mir meine Erfahrungen wieder vor Augen.
Beim Betreten der Kathedrale taucht der Blick in das aus den Seitenschiffen einfallende Licht und gleitet über die kunstreichen Pfeiler empor in die hohen Gewölbe. Wie der Beter im 145.Psalm, so scheint das Gotteshaus zu sprechen: „Ich will dich erheben mein Gott, du König, und deinen Namen loben immer und ewiglich.“ Die Nachkommen, heißt es im Psalm, werden Gottes unerforschliche Größe, seine gewaltigen Taten und hohe herrliche Pracht, seine Wunder und seine Herrlichkeit preisen. So ist das Freiburger Münster – 1200-1513 von Bürgern der Stadt erbaut – von Menschenhand, aber nicht für den Menschen allein, sondern zur Ehre Gottes erschaffen worden. Wenn wir in den Turm steigen und vom lichtdurchfluteten Oberbau in den Turmhelm mit seinem filigranen Maßwerk schauen, findet der Blick kein Ende, scheinen Himmel und Erde eins zu werden. So können wir nachspüren, was im Psalm mit Pracht und Herrlichkeit gemeint ist.
Von Gottes großer Güte und von seiner Gerechtigkeit ist im 145.Psalm die Rede, und nicht zufällig stehen die beiden Begriffe nebeneinander. Gerechtigkeit klingt nach dem Urteil eines Richters, nach Verhängung oder Freisprechung von Strafe. Gottes Gerechtigkeit ist jedoch nicht die Gerechtigkeit der Menschengesetze, deren Anwendung hart und ungerecht sein kann. So wurde in Athen gerade wieder der Asylantrag eines Geflüchteten abgelehnt, obwohl alle Voraussetzungen für die Gewährung von politischem Asyl gegeben sind. Da braucht es wieder Menschen, die sich in der Öffentlichkeit dafür engagieren, dass das Recht nicht gebeugt wird, dass Gnade und Recht zusammenfallen. Denn das Asylrecht hat den Charakter eines Gnadenerweises.
Im Psalm folgt auf den Preis von Gottes Gerechtigkeit der Vers, der an das 2.Buch Mose (Kap 34, Vers 6) anknüpft: „Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ Gerechtigkeit, Gnade und Barmherzigkeit sind also bei Gott miteinander verbunden, und so kann der Beter gewiss sein: „Der Herr hält alle, die da fallen, und richtet alle auf, die niedergeschlagen sind.“
Vertraut sind uns die nächsten Verse. „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.“ Oft wurden diese Worte als Tischgebet gesprochen. Als Kind verstand ich sie im konkreten Sinn, musste im Stillen aber auch daran denken, wieviel Mühe es meiner Mutter damals – in der Nachkriegszeit – machte, ein Essen auf den Tisch zu bringen. Heute verstehen wir diese Worte eher im übertragenen Sinn, wenn wir uns fragen: Was erfüllt uns ganz, was sättigt unsere Seele?
Vom Lobpreis Gottes und der Geborgenheit in seiner Hand handelt der 145.Psalm. Wie ein Band aneinander gereihter Motive in verschiedenen Schattierungen wiederholen sich die Gedanken und prägen sich ein. Und so kann sich jeder die Verse merken, die am wichtigsten erscheinen.
Lied
Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön,
Dem welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn.
Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd,
Ich will ihn herzlich loben, solang ich leben werd.
Text von Paul Gerhardt, in Anlehnung an Psalm 146
Segen
Und Gott sprach: Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.
1.Mose 12,2
Irene Vasos – Gemeindemitglied