Letzte Woche wurde der World-Happiness-Report (Weltglücksbericht) 2024 von den Vereinten Nationen veröffentlicht.
Hierbei geht es um den Zustand des empfundenen Glücks und der Lebenszufriedenheit weltweit. Der Bericht enthält eine Rangliste der Länder, und zum siebten Mal in Folge ist Finnland auf Platz 1.
Es wurden sechs Faktoren identifiziert, die einen besonderen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit einer Nation haben: Soziale Unterstützung, Pro-Kopf-Einkommen, eine gesunde Lebenserwartung, (Entscheidungs-) Freiheit, Großzügigkeit, Abwesenheit von Korruption.
Die Psychologin Prof. Dr. Judith Mangelsdorf, Fachgebiet positive Psychologie, erklärt in einem Interview, wie man zu dieser Lebenszufriedenheit kommen kann.
Ein wichtiger Aspekt ist die Perspektive, aus der ich mein Leben betrachte. Schaue ich aus der Perspektive der Dankbarkeit: was war da, was war mir vergönnt, hatte ich vielleicht auch mehr als andere, schaffe ich es, das Gute, das mir widerfährt (rein statistisch passiert mir das viel öfter als etwas Negatives) wirklich aktiv wahrzunehmen? Gelingt es mir mit einer Perspektive des Optimismus in die Zukunft zu schauen, oder bin ich immer wieder in Sorge versunken?
Auf die Frage, wie man diese Blickrichtung erlernen kann, gibt es in der positiven Psychologie die Form des dankbaren Tagesrückblickes: Was sind drei Dinge, für die ich heute dankbar sein kann, die gut waren, auch an den subjektiv schlechten Tagen? Das Gehirn trainiert so die Wahrnehmung positiver Reize und lässt dadurch das Leben in ein positiveres Licht rücken. Der World-Happiness-Report zeigt außerdem, dass einer der stärksten Faktoren für mehr Glück sowohl in der Gesellschaft als auch im persönlichen Leben das Füreinander mit anderen Menschen ist. Ein Zusammenrücken und Sich-aufeinander verlassen-können. (nach einem Interview auf tagesschau 24 vom 20.03.24 9:00 Uhr)
Die Dankbarkeit, das Füreinander und der Optimismus – das sind wichtige Aspekte unseres christlichen Glaubens. Wir sprechen dann von Dankbarkeit, Nächstenliebe und Hoffnung.
In der evangelischen Kirche sind wir gerade mitten in der Karwoche. Morgen ist Gründonnerstag, wir erinnern an das Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern – und auch an die Fußwaschung.
Ich komme noch einmal auf Finnland zurück, das Land mit den glücklichsten Menschen. In Finnland erleben die Menschen die weite, intensive Natur. Auch das scheint eine Rolle für ihre Lebenszufriedenheit zu spielen.
Dazu empfinde ich so passend das folgende Gedicht von Christian Morgenstern mit dem bezeichnenden Titel, in dem sich Natur, Tier und Mensch im Dank voreinander verbeugen.
Die Fußwaschung
Ich danke dir, du stummer Stein,
und neige mich zu dir hernieder:
Ich schulde dir mein Pflanzensein.
Ich danke euch, ihr Grund und Flor,
und bücke mich zu euch hernieder:
Ihr halft zum Tiere mir empor.
Ich danke euch, Stein, Kraut und Tier,
und beuge mich zu euch hernieder:
Ihr halft mir alle drei zu Mir.
Wir danken dir, du Menschenkind,
und lassen fromm uns vor dir nieder:
weil dadurch, dass du bist, wir sind.
Es dankt aus aller Gottheit Ein –
und aller Gottheit Vielfalt wieder.
In Dank verschlingt sich alles Sein.
Pfarrerin Iris Kaufmann