Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
die Jahreslosung ist ein biblischer Merksatz für das Jahr. Für 2022 heißt er: „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Johannes 6,37).
Pfarrer i. R. Martin Bergau schreibt in dem Lesezeichen zu diesem Mittwoch dazu.
Es ist nicht lange her, dass ich einen ehemaligen Schulkamerad besucht habe. Er wohnt mit seiner Frau in einer kleinen Siedlung von wenigen Bewohnern im ländlichen Umfeld von Hannover. „Komm rein“, rief er mit seiner mir trotz der vielen Jahre vertrauten Stimme. Da stand ich vor seiner Haustür. Offenbar hatte er mich gesehen. Tatsächlich: die Haustür war offen. „Hier haben wir unsere Tür nie abgeschlossen. So ist das hier auf unserem Dorf.“ Wo gibt es das noch? Eine ganz selbstverständlich offene Tür.
Gewiss, aus meinen Kindertagen auf dem Dorf kannte ich das auch noch. Eine recht schrille Klingel allerdings machte für alle hörbar, dass jemand gekommen ist. Doch eine einfach offene Tür? Ich fand das so schön, fühlte mich so willkommen. Und das war der stimmige Auftakt zu einem Treffen nach langen Jahren. Die offene Tür.
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Das ist die Jahreslosung für das neue Jahr. Sie trifft in eine Stimmungslage, in der Türen eher virtuell aufgesucht werden als ganz real. Unsere von der Pandemie aufgescheuchten Seelen sind nicht mehr gut darin geübt, die Türen aufzusuchen, die Schwellen sind hoch. Der innere Rückzug greift in das Alltägliche mehr und mehr ein.
Kurz vor diesem Satz war die Geschichte von der Speisung der Fünftausend erzählt. Fünf Brote und zwei Fische machten alle satt. „Ich bin das Brot des Lebens.“ Jesus hat unbedingt vorgelebt, dass bei Gott ausnahmslos alle willkommen sind. Immer wieder hat er dabei Grenzen überschritten, war den Kranken ebenso nahe wie den Suchenden, Ratlosen und Fragenden. Indem sich Jesus auf die Menschen einlässt und sie satt macht, auch in ihrem Hunger nach Sinn und Zugehörigkeit, ist das Gottesreich gegenwärtig. Als „Brot des Lebens“ gibt Jesus Anteil an der Gegenwart Gottes, die zu ihm kommen. Seine Tür ist offen.
Mit dieser Verheißung können wir in das neue Jahr gehen, mit all seinen Unwägbarkeiten und Risiken, die wir sehen und die uns beängstigen. Wir bleiben nicht dabei, sondern setzen Vertrauen in die Zusage, dass Gottes Türen offen sind. So werden wir selbst bereit, darin einen Auftrag zu sehen, der unser Leben reicher und erfüllender macht, indem wir nicht allein bei unseren eigenen Geschäftigkeiten bleiben, sondern den anderen sehen, Menschen, die uns brauchen und nach uns fragen.
Menschen, für die wir selbst wie eine offene Tür sein können und andere willkommen heißen.