Liebe Mitglieder und Freunde unserer Athener Gemeinde,
dieses Lesezeichen in der Karwoche wurde von Frau Pfarrerin Brigitte Bittermann aus Thessaloniki geschrieben. Ihre Gedanken kreisen um den Wunsch nach Stille, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren.
In dieser aufgewühlten und bewegten Zeit sehne ich mich nach Stille.
Mir wird zu viel geredet, zu viel kommentiert. Der eine weiß es besser als die andere, egal zu welchem Thema. Reißende Schlagzeilen, schockierende Bilder überfallen mich und ich habe Mühe, das alles zu verarbeiten.
Fast erscheint es mir wie ein Luxus, wie ein unanständiger Wunsch, sich zurückziehen zu dürfen, alles einmal sacken zu lassen, einfach nur zu atmen, ein und aus und mir einen Abstand zu verschaffen zu dem, was mich treibt und beunruhigt und in Angst und Sorge versetzt.
Stille – die eigene Bodenhaftung wieder finden und dann hören, was da noch ist, in mir und in der Welt.
Stille – mir selbst begegnen, mit allen Fragen und Zweifeln und Unaufgeräumtheiten, die ich eigentlich gerne verstecken möchte.
Stille – den Blick weiten und auf Spurensuche gehen nach dem, was trägt; Ausschau halten nach Ermutigung und Stärkung.
Stille – nicht um sich aus der Welt zu verabschieden, aber um einen neuen Zugang zu finden zu dem, was um mich herum geschieht.
Stille ist für mich ein Ort, an dem ich mir selbst und an dem ich Gott begegnen kann.
Ich muss ihr eine Chance geben und bereit sein, sie auszuhalten, mich in sie einüben, um ihre Kraft zu erfahren.
Sören Kierkegaard formuliert es in einem Text so:
Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,da hatte ich immer weniger zu sagen.Zuletzt wurde ich ganz still.
Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist,ich wurde ein Hörender.
Ich meinte erst, Beten sei Reden.Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören.
So ist es:Beten heißt nicht, sich selbst reden hören.Beten heißt:still werden und still sein und warten,bis der Betende Gott hört.
Vielleicht kann uns die Stille ein Wegweiser sein in dieser besonderen Zeit und in dieser besonderen Woche.