Sommer!
21. Juni Sommeranfang! Für einen Mitteleuropäer ist Sommer etwas Schönes: Sonne, Wärme, Ferien, Baden… Da wird einem auch innerlich warm ums Herz. Ein positives Gefühl! Im Sommer öffnet sich nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen. Im Sommer gehen sie aus dem Haus nach draußen. Sie geraten aus dem „Häuschen“, sie gehen aus sich heraus, sie werden ausgelassen. „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“, so beginnt das Sommerlied, das Paul Gerhardt in schwerer Zeit nach dem 30-Jährigen Krieg gedichtet hat. Im Winter dagegen zieht man sich zurück, verschließt sich und bleibt bei dem, in dem man sich eingerichtet hat. Sommer: das bedeutet Öffnung, Offenheit, Weite, Freiheit.
Ist es in Griechenland auch so? Ich bin noch nicht lange genug hier, um in einen Erfahrungsaustausch einzutreten. Aber ich frage mich, ob hier in diesem Land, wo die Sonne so unbarmherzig sein kann, nicht auch manche Schattenseiten des Sommers deutlicher hervortreten: die Waldbrandgefahr und die zu starke Hitze, so dass viele es vorziehen, aus der Sonne zu fliehen und nach Mitteleuropa zu reisen. Sommer in Griechenland, das bedeutet ganz klar Ferienzeit und das Genießen der wunderbaren Sommerabende nach der Hitze des Tages, aber weckt auch Befürchtungen.
Je nachdem, in welchem Land man lebt, haben die Menschen unterschiedliche Einstellungen zum Sommer. Es ist dies ein Beispiel für unterschiedliches Lebensgefühl und auch kulturelle Vielfalt.
In diesem Jahr ist allerdings das positive Sommergefühl überall getrübt: Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Flugzeugchaos, Teuerung und Inflation, die den Urlaub in Frage stellen. Corona ist auch nicht verschwunden. Wo bleibt da die Unbeschwertheit des Sommers?
Im erwähnten Sommerlied Paul Gerhardts wird der Sommer noch einmal neu beleuchtet. In einer der vielen Strophen bitten wir: „Gib, dass der Sommer deiner Gnad‘ in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe“.
Ein besonderes Wort: der Sommer der Gnade. Könnte das heißen: Sommer ereignet sich im Herzen der Menschen, da, wo wir Gnade im Herzen spüren, wo Freude und Dankbarkeit das Herz erfüllen und wie die Sonne auszustrahlen beginnen? Sommer ist da, wo ein Mensch im Sonnenlicht der Gnade Gottes gesehen wird und von daher seine Würde und Wertschätzung erhält und dadurch Freude und Zuversicht erfährt.
Einer der lateinischen Kirchenväter des 4. Jahrhunderts, Augustinus, hat zum Menschen gesagt: „Du bist ein Kind der Gnade.“
Peter Oßenkop